Für etwa 1,6 Millionen Kinder in Deutschland gehören Verzicht und Mangel zum Alltag. Und das in einem der reichsten Länder der Welt, das sich mit Stolz auf Humboldt, Goethe, Bach und Einstein beruft. Und auf seine Unternehmen, die ganzen Erfinder und Weltmarktführer. Alle sind sich einig darin, dass es soziale Ungerechtigkeit gibt. Getan wird relativ wenig dagegen. Man spendet meist nicht aus Geiz nicht, sondern wegen des beklommenen Gefühls: Durch die Konfrontation mit Missständen wird einem der eigene Wohlstand bewusst. Man schämt sich beinahe dafür, dass es einem besser geht. Eine Spende von ein paar Euro kommt einem vor diesem Hintergrund eher vor wie ein schäbiger Versuch, sich von seinem schlechten Gewissen freizukaufen. Das ist der kritische Punkt, an dem häufig lieber nichts geschieht.
Starke Marken adressieren solche besonders sensiblen Momente, indem sie dennoch eine Lösung bieten, die die unmittelbare Verbesserung des Ist-Zustands bewirkt. Damit das schneller und besser geht, gibt es eine starke soziale Marke, die ihnen dabei hilft: Die Non-Profit-Initiative "Deutschland rundet auf" setzt genau da an, wo eine Spende sich wie ein schäbiger Ablasshandel anfühlt. Und das auf eine sehr sympathische Art und auf Augenhöhe, ohne Druck auf die Tränendrüse. Sie nimmt bewusst keine Euros und sagt "Kleine Cents. Große Wirkung" – bei Projekten, die Kinderarmut in Deutschland bekämpfen. Die Schilder mit der Aufforderung "Aufrunden bitte!" gibt es bei großen Filialunternehmen an der Kasse. Man muss es der Kassiererin sagen, dann rundet sie auf den nächsten vollen 10-Cent-Betrag auf, und die Differenz geht an die Stiftung. In weniger als drei Jahren sind mehr als 4 Millionen Euro zusammengekommen – ohne dass die Spender es wirklich gemerkt haben. Kein Nesteln nach Kleingeld, kein Gefummel an der Ein-Herz-für-Kinder-Spardose, keine bösen Blicke aus der Warteschlange. Ein Satz genügt, den Rest macht das Kassensystem. Das ist, neben der cleveren IT im Hintergrund, eine marken- und marketingtechnische Leistung.
Dem Gründer der Initiative, Christian Vater wird eines Tages bewusst: Der Deutsche kann die kleineren Cent-Münzen im Portemonnaie nicht ausstehen und spendet dennoch nicht, weil er sich bei dem Prozess der Aushändigung schäbig vorkommt. Das ist der relevante Customer Insight. Vater weiß auch, dass Spendendosen bei den Marktleitern rote Tücher sind. Sie stehen immer im Weg, werden ständig geklaut, und der administrative Aufwand kostet mehr als das, was drin ist. Außerdem müssen sie das Geld persönlich überbringen. "Da will man Gutes tun und bekommt am Ende Ärger mit der Steuer", sagt der Leiter eines Supermarktes. "Deutschland rundet auf“ bietet für genau diese "Pain Points" die Lösung. Die IT-Anwendung wird in den Kassenprozess des Partners integriert und erledigt dann die Abrechnung und Steuerliches gleich mit. Das alles immer dann, wenn der Kunde, am liebsten aus purer Gewohnheit, der Kassiererin die beiden Worte sagt: "Aufrunden bitte!" Vor allem deshalb wurde Christian Vater von der Brandamazing Managementberatung als "Best Human Brand Newcomer" ausgezeichnet.
Marken, die bei so etwas mitmachen, haben Relevanz. Und Marken, die ihren Customer Insight zuerst genauso schlüssig herleiten, um dann genauso stringent die Lösung anzubieten und zu handeln, haben doppelte und dreifache Relevanz. Sie kriegen, was alle wollen und nur die wenigsten bekommen: Aufmerksamkeit, die härteste Währung der Welt.